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Haiku-Abtrieb
Mein Haiku trieb hinaus aufs Meer.
Warum hats mich verlassen?
Ich konnte es nicht fassen -
und schaute weinend hinterher.
Da kam ein alter Brassen
und sagte: Nimm es nicht so schwer!
Vergiss dein Haiku, bitte sehr!
Vielleicht wirst du mich hassen,
wenn ich bemerk - ganz sutje bloß -
dies Verslein fiel dir in den Schoß.
Warum dich also grämen?
Sieh, der Verlust ist nicht sehr groß:
Dein Haiku war ein Senryu bloß!
Du solltest dich was schämen...
© Karin Rohner 2006
Quallenrondeau
O diese Quallen! Ja, sie legen Fallen,
und sieh nur, wie sie ihre Fäuste ballen!
Sie taumeln in den Fluten hin und her,
es sprühen Wellen und es schäumt das Meer,
wenn sie betrunken ihre Reime lallen.
Balladen sinds, die aus der Tiefe schallen
und zwischen Möwen auf die Riffe prallen –
doch wer vernimmt sie, wer versteht sie, wer?
O diese Quallen!
Nur manchmal, wenn sie durch die Meereshallen,
mit Schmuck behängt, in teuren Kleidern wallen,
bestaunt sie scheuen Flossenschlags ein Heer
von Haien, kommt in Stimmung, mehr und mehr,
schafft Sekt herbei und läßt die Korken knallen.
O diese Quallen!
© Oswald Köberl 2007
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