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Ich wollte
niemals in Weiß heiraten
Wenn ich in den Medien die Reportagen und
Bilder von Hochzeiten sehe und
höre, wie die Frauen beim Anblick eines Brautkleides dahin
schmelzen,
bin ich noch heute nach vierzig Jahren froh, dass ich in
diesen neuen
Lebensabschnitt nicht dermaßen verkleidet gestartet bin.
Dass ich niemals in Weiß heiraten
würde, stand für mich schon als kleines
Mädchen fest.
Vielleicht lag es daran, dass es ein Foto meiner Mutter gab, auf dem sie
ein Kleid mit großen Blüten trug, das ich
als Kind sehr bewunderte - und
bei dessen Betrachtung sie immer sagte, das habe sie zu ihrer Hochzeit
getragen. Das Kleid war mittelblau, was man auf dem
Schwarz-Weiß-Foto
natürlich nicht sah.
Mir gefiel es ganz einfach, dass es da ein Kleid für einen
besonderen Anlass
gab, das man auch an normalen Sonntagen
hätte tragen können. Hübsche
Kleider waren in meiner Kinderzeit selten und unerschwinglich.
Natürlich teilte keine meiner Freundinnen diese
Ansicht. Es schien der
Wunsch eines jeden Mädchens zu sein, eines Tages in
Weiß vor den Altar
zu treten. Man könne das Kleid ja später
umarbeiten lassen, als Abendkleid
zum Beispiel.
Nun konnte ich mir beim besten Willen
nicht vorstellen, irgendwo in einem
geänderten weißen Kleid aufzutauchen, da
ich mich schon in
einer weißen
Bluse nicht wohl fühlte. Weiß ist einfach nicht
meine Farbe.
Mein Freund sagte damals, ich sei wohl
verrückt, als ich nebenbei bemerkte,
ich würde niemals in so einem albernen
weißen Kleid heiraten. Eine Hochzeit
- nicht in Weiß - war für ihn
undenkbar.
Zu einem cremefarbenen Kostüm oder Hosenanzug hätte
ich mich eventuell
durchringen können. Das "Problem" erledigte sich irgendwann
von
selbst.
Zum Glück traf ich einen Mann, der
meine unkonventionellen Ansichten
teilte. Wir heirateten in einer feierlichen Zeremonie im
festlich geschmückten
Standesamt im schönen Seebad Brighton. Er in seinem
Lieblingsanzug - ich
in meinem mauve-farbenen Lieblingskostüm. Im Arm hielt ich
einen
Brautstrauß aus roten Rosen und weißen Freesien. So
viel Tradition durfte
es dann doch sein.
Hochzeitsgedichte
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