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Herbstlied
Herz, nun so alt und noch immer nicht klug,
Hoffst du von Tagen zu Tagen,
Was dir der blühende Frühling nicht trug,
Werde der Herbst dir noch tragen!
Läßt doch der spielende Wind nicht vom Strauch,
Immer zu schmeicheln, zu kosen.
Rosen entfaltet am Morgen sein Hauch,
Abends verstreut er die Rosen.
Läßt doch der spielende Wind nicht vom Strauch,
Bis er ihn völlig gelichtet.
Alles, o Herz, ist ein Wind und ein Hauch,
Was wir geliebt und gedichtet.
Friedrich Rückert
40.
Geburtstag
Mit vierzig
ist der Berg erstiegen,
wir stehen still und schaun zurück,
dort sehen wir der Kindheit stilles liegen
und dort der Jugend lautes Glück.
Noch einmal schau, und dann gekräftigt
weiter
erhebe deinen Wanderstab!
Hindehnt ein Bergesrücken sich ein breiter,
und hier nicht, drüben gehts hinab.
Nicht atmend aufwärts brauchst du mehr zu
steigen,
die Ebne zieht von selbst dich fort;
dann wird sie sich unmerklich neigen,
und eh du's denkst, bist du im Port.
Friedrich
Rückert
Geburtstagsgedichte
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