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Emanuel
Geibel 1815-1884
Deutscher Dichter aus
Lübeck, ein Poetischer
Rundgang
durch
sein Dichterisches Werk
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Das
Geibeldenkmal in Lübeck
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Vier Distichen
Kühl
zu deinem Verstand spricht
jegliche Lehre; sie bleibt dir
Ewig ein Totes, sobald fremd sie von außen dir kommt.
Was dir ein anderer gibt, und wär es das Köstlichste,
frommt nicht,
Wenn du den schlafenden Klang tief in der Seele nicht trugst.
Wunder begreifen sich nicht, du musst sie im Innern erleben.
Jeglicher Glaub ist ein Wahn, den du nicht selber erfuhrst.
Nur was selbst du erkennst als ein Göttliches, das dir
herabkam,
Hat, ein lebendiger Hauch, dich zu verwandeln die Macht.
Morgenwanderung
Wer recht in Freuden wandern will,
der geh´ der Sonn´ entgegen!
Da ist der Wald so kirchenstill,
kein Lüftchen mag sich regen.
Noch sind nicht die Lerchen wach,
nur im hohen Gras der Bach
singt leise den Morgensegen.
Die ganze Welt ist wie ein Buch,
darin uns aufgeschrieben
in bunten Zeilen manch ein Spruch,
wie Gott uns treugeblieben.
Wald und Blumen nah und fern
und der helle Morgenstern
sind Zeugen von seinem Lieben.
Da zieht die Andacht wie ein Hauch
durch alle Sinnen leise,
da pocht ans Herz die Liebe auch
in ihrer stillen Weise;
pocht und pocht bis sich´s ergießt
und die Lippe überfließt
von lautem, jubelndem Preise.
Und plötzlich laßt die Nachtigall
im Busch ihr Lied erklingen,
in Berg und Tal erwacht der Schall
und will sich aufwärts schwingen;
und der Morgenröte Schein
stimmt in lichter Glut mit ein:
Laßt uns dem Herrn lobsingen.
Emanuel
Geibel 1815-1884
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